Liebende Güte
Es ist alles sehr ruhig in mir. Die Beziehungen zu den Mitmenschen blühen, auch wenn ich sie auf ein Mindestmaß eingeschränkt habe. Ich verbringe viel Zeit allein und genieße das. Einfach so. Morgens komm ich nicht aus dem Bett, weil es unter den zwei Decken herrlich ist, die Nase in der eisigen Luft bei geöffnetem Fenster. So lasse ich meine Gedanken schweifen und übe Liebende Güte. Die Buddhistin hat mich mit einem Podcast zum Thema versorgt, und seitdem versuche ich, erstmal mich mit Liebender Güte einzudecken. Es macht ja sonst keiner. Das ist schön. Die negativen Gedanken von Schuld und Blabla werden einfach umgedreht, das kennt man ja auch schon aus anderer psychohygienischen Arbeit, oder wie man sowas nennt.
Ein paar winterharte Bäume
Gestern in der Heimatstadt, bevor ich Mama besuche, auf einen Kaffee mit C., der alten Schulfreundin, ich berichtete. Die ist immer so gut. Ich erzähl' kurz von Selbstzweifeln, die mich angesichts einer fehlenden echten Küchenzeile manchmal plagen, da fällt doch das Essen immer zwischen Herd und Kühlschrank und Spüle und Herd, und sie lacht einfach nur, ich finde dich toll so wie du bist. So einfach ist das. Und seit sie meine Strickmütze gesehen hat, die ich von der Schlagzeugerin gekauft habe, strickt sie an einer eigenen. Das ist sehr süß. Wir sitzen uns gegenüber und ich schaue in ihre dunkelbraunen Augen, nur Frau Ch. hatte dunklere. Etwas an sehr dunkelbraunen Augen rührt mich immer. Meine sind ja eher heller mit einigem Grün drin. Ich hätt' gern mal einen Freund mit braunen Augen, den würd ich die ganze Zeit anglotzen und dann vernaschen. Nur der Appetitliche war braunäugig, aber ansonsten sehr blond überall, das hat nicht viel geholfen.
Fast ist es so, als wären C. und ich ein bisschen ineinander verliebt. Ohne das blöde Drumherum. Sie sagt mir immer so freundliche Sachen und auch ich komm' mal aus meiner Krebsschale raus und retoure ihre kleinen Komplimente. Sie hatte am Vortag Geburtstag und erzählt von ihren missratenen Schwiegereltern, die sie nicht eingeladen hat, und die auch von niemandem sonst gern eingeladen werden. Im Nu haben wir einen running gag über Bohnen, die im Garten keiner guten Schwiegertochter fehlen dürfen. Bei ihr fehlen sie allerdings, sie hat nichts Grünes, dabei ist der Garten voller Blumen, die zu allen Jahreszeiten blühen. Ein Fehler, wenn's nach den Schwiegereltern ginge und ich beschließe, ihr zum nächsten Besuch Bohnensamen mitzubringen.
Die Beziehungen blühen also. Mit Mama zusammen ist es auch recht schön. Unser Thema ist ja immer der Katholizismus. Letztens war sie sehr entsetzt, weil der Papst gekündigt hat, sie hat sogar ein bisschen weinen müssen. Ich gebe immer ordentlich kontra, nicht weil ich eine Ungläubige bin, sondern weil ich die Kirche für unnötig halte, die sich in die persönliche Beziehung der Menschen mit Gott einmischen will. Das versucht auch mein Cousin H. mit ihr zu diskutieren, der jeden Mittwoch mit ihr einkaufen geht und danach zum Kaffetrinken das Sofa besetzt. Sie hat eine Scheu, sich gegen H. durchzusetzen, weil der mit seiner Scheißlaune einfach nicht zum Aushalten sei. Die berühmte Scheißlaune der väterlichen Linie. H. sieht auch noch meinem Vater sehr ähnlich, auch hier das braunäugige Thema, allerdings durch Brille etwas verdeckt.
Mama sagt, ja, das sagt H. auch immer und ich, und ist das so falsch? Sie denkt immer lange darüber nach, ob wir nicht doch recht haben und man kann beobachten, wie ihr Glaube an die Kirche schon vorsichtig aufgeweicht sich präsentiert. Ein voller Erfolg also. Ich selbst treffe H. nicht so oft, weil ich seine Scheißlaune auch nicht mag. Jedenfalls, wenn wir so weitermachen, ist es vielleicht doch möglich, dass Mama noch moksha erreicht.
Manchmal erlaube ich mir eine Angst vor dem Moment ihres Todes. Ich versuche, mir vorzustellen, wie es sein wird, ob ich sie finde, oder der Nachbar zuerst aufmerksam wird und mich oder meine Schwester benachrichtigt. Wie ich dann ins Haus trete und sie dann schon leblos. Oder vielleicht stirbt sie auch, während wir alle zusammen sind, des Nachts, friedlich und wir können bei ihr sitzen und sie ansehen, bis es uns genügt. Ich hoffe nicht, dass sie vor sich hinsiecht wie in 'Liebe', einem äußerst fesselnden Film, traurig und schön zugleich. Ich erzähle Mama den Film, während wir, auf dem Weg in die Stadt zum Mittagessen, durch kreischende Kinderhorden uns zwängen, die zum Schulschluss ihr Aufgestautes rauslassen.
Liebende Güte. Davon kann es nicht genug geben. Ich entdecke, wie wenig Menschen mit sich selbst im Frieden sind. Immer etwas, wofür oder wogegen sie kämpfen, worauf sie mit Ironie und Boshaftigkeit reagieren. Der innere Dialog, der um die eigene Fehlerhaftigkeit und die der anderen kreist, nimmermüd'. Und sei's auch nur die eigene Speckrolle.
Ein paar winterharte Bäume
Gestern in der Heimatstadt, bevor ich Mama besuche, auf einen Kaffee mit C., der alten Schulfreundin, ich berichtete. Die ist immer so gut. Ich erzähl' kurz von Selbstzweifeln, die mich angesichts einer fehlenden echten Küchenzeile manchmal plagen, da fällt doch das Essen immer zwischen Herd und Kühlschrank und Spüle und Herd, und sie lacht einfach nur, ich finde dich toll so wie du bist. So einfach ist das. Und seit sie meine Strickmütze gesehen hat, die ich von der Schlagzeugerin gekauft habe, strickt sie an einer eigenen. Das ist sehr süß. Wir sitzen uns gegenüber und ich schaue in ihre dunkelbraunen Augen, nur Frau Ch. hatte dunklere. Etwas an sehr dunkelbraunen Augen rührt mich immer. Meine sind ja eher heller mit einigem Grün drin. Ich hätt' gern mal einen Freund mit braunen Augen, den würd ich die ganze Zeit anglotzen und dann vernaschen. Nur der Appetitliche war braunäugig, aber ansonsten sehr blond überall, das hat nicht viel geholfen.
Fast ist es so, als wären C. und ich ein bisschen ineinander verliebt. Ohne das blöde Drumherum. Sie sagt mir immer so freundliche Sachen und auch ich komm' mal aus meiner Krebsschale raus und retoure ihre kleinen Komplimente. Sie hatte am Vortag Geburtstag und erzählt von ihren missratenen Schwiegereltern, die sie nicht eingeladen hat, und die auch von niemandem sonst gern eingeladen werden. Im Nu haben wir einen running gag über Bohnen, die im Garten keiner guten Schwiegertochter fehlen dürfen. Bei ihr fehlen sie allerdings, sie hat nichts Grünes, dabei ist der Garten voller Blumen, die zu allen Jahreszeiten blühen. Ein Fehler, wenn's nach den Schwiegereltern ginge und ich beschließe, ihr zum nächsten Besuch Bohnensamen mitzubringen.
Die Beziehungen blühen also. Mit Mama zusammen ist es auch recht schön. Unser Thema ist ja immer der Katholizismus. Letztens war sie sehr entsetzt, weil der Papst gekündigt hat, sie hat sogar ein bisschen weinen müssen. Ich gebe immer ordentlich kontra, nicht weil ich eine Ungläubige bin, sondern weil ich die Kirche für unnötig halte, die sich in die persönliche Beziehung der Menschen mit Gott einmischen will. Das versucht auch mein Cousin H. mit ihr zu diskutieren, der jeden Mittwoch mit ihr einkaufen geht und danach zum Kaffetrinken das Sofa besetzt. Sie hat eine Scheu, sich gegen H. durchzusetzen, weil der mit seiner Scheißlaune einfach nicht zum Aushalten sei. Die berühmte Scheißlaune der väterlichen Linie. H. sieht auch noch meinem Vater sehr ähnlich, auch hier das braunäugige Thema, allerdings durch Brille etwas verdeckt.
Mama sagt, ja, das sagt H. auch immer und ich, und ist das so falsch? Sie denkt immer lange darüber nach, ob wir nicht doch recht haben und man kann beobachten, wie ihr Glaube an die Kirche schon vorsichtig aufgeweicht sich präsentiert. Ein voller Erfolg also. Ich selbst treffe H. nicht so oft, weil ich seine Scheißlaune auch nicht mag. Jedenfalls, wenn wir so weitermachen, ist es vielleicht doch möglich, dass Mama noch moksha erreicht.
Manchmal erlaube ich mir eine Angst vor dem Moment ihres Todes. Ich versuche, mir vorzustellen, wie es sein wird, ob ich sie finde, oder der Nachbar zuerst aufmerksam wird und mich oder meine Schwester benachrichtigt. Wie ich dann ins Haus trete und sie dann schon leblos. Oder vielleicht stirbt sie auch, während wir alle zusammen sind, des Nachts, friedlich und wir können bei ihr sitzen und sie ansehen, bis es uns genügt. Ich hoffe nicht, dass sie vor sich hinsiecht wie in 'Liebe', einem äußerst fesselnden Film, traurig und schön zugleich. Ich erzähle Mama den Film, während wir, auf dem Weg in die Stadt zum Mittagessen, durch kreischende Kinderhorden uns zwängen, die zum Schulschluss ihr Aufgestautes rauslassen.
Liebende Güte. Davon kann es nicht genug geben. Ich entdecke, wie wenig Menschen mit sich selbst im Frieden sind. Immer etwas, wofür oder wogegen sie kämpfen, worauf sie mit Ironie und Boshaftigkeit reagieren. Der innere Dialog, der um die eigene Fehlerhaftigkeit und die der anderen kreist, nimmermüd'. Und sei's auch nur die eigene Speckrolle.
keinekrabbe - 26. Februar, 12:34