9. Februar 2013

Vorwürfe sind nichts für mich.

Die Busenfreundin macht mir (wieder einmal) Vorhaltungen. Anscheinend bin ich keine Freundin, auf die sie sich verlassen kann. Sie sagt, nein, das seien keine Vorwürfe, darüber wäre sie hinaus. Als sie ihr Burnout hatte vorletztes Jahr, wäre ich wohl mit anderen Dingen beschäftigt gewesen bzw. hätte beteuert, wie gut es mir gerade ginge. Sie lässt mich ihre Argumente nicht entkräftigen. Dass ihr Burnout zum großen Teil durch die Krankheit ihres Bruders ausgelöst wurde, wie sie jetzt behauptet, ist mir tatsächlich neu. Woran ich mich erinnere sind Tiraden über die furchtbare Arbeit am Bildschirm, über ihre allgemeine Überforderung inmitten der Kollegen. Tatsächlich wusste ich immer, dass nicht die Arbeit sie so gestresst hat, sondern ihr Privatleben. Die Fernbeziehung, die Überidentifikation mit dem Leben der anstrengenden Brüder, ihre vielen Patenkinder, ganz speziell die schwarzen Pflegekinder ihrer Freundin S.. Meine Vorschläge, sich unbedingt Ruhe und Zeit für sich zu gönnen, vielleicht den Fotokurs abzusagen und die Kurzreisen ebenfalls, tat sie damals ab. Die Mädchen würden ihr so viel Liebe geben, die brauchte sie einfach.

Sie verstrickt sich in Wiedersprüche. Ja, der Bruder war das ganze Jahr über stabil, jeden Monat eine Chemo und dann geht das. Aber jetzt müsse sie ihr Blut untersuchen lassen, dem Bruder ginge es schlechter. Sie freut sich, ihm etwas geben zu können. Ihr Herzblut, denke ich. Dass er ihr Vorwürfe gemacht hat, dass sie sich nicht um seinen Sohn, ihren Neffen, gekümmert hat, erwähne ich jetzt besser nicht. Sie mag ihn nicht so. Lieber ließ sie sich von den Patenkindern lieben, die im Übrigen jetzt in die Pubertät kommen und frech werden. Darauf hätte sie gar keinen Bock.

Und jetzt bleibt alles an mir hängen. Sie hätte sich auch von mir trennen können, aber hat sie nicht. Ich hätte einfach nicht zugehört, sondern behauptet, dass ich nicht glauben würde, dass der Bruder stürbe. Warum ich das meinte sagen zu müssen, weiß ich nicht mehr. Vielleicht habe ich einfach nicht genug in ihr Horn geblasen, sie nicht genügend bemitleidet. Vielleicht wollte ich ihr nur ein bisschen Gelassenheit mitgeben. Aus Gründen, die ich nicht nachvollziehen kann, glaubt sie, ich sei vom Schicksal begünstigt. Meine Mutter hätte mich ja geliebt, ich könne das alles gar nicht nachvollziehen. Na und? Verpflichtet mich das? Zu was genau?

Mitleid kann ich nicht. Als mein Vater gestorben war, hat mich auch niemand bemitleidet, wieso auch. Wer kann schon mitfühlen, wie ich mich gefühlt habe, die Traurigkeit, die Schuld, die Ambivalenz und der ganze Kram. Das ist ja alles noch nicht so lange her. Da nützt auch kein Händchenhalten, da wollte ich allein durch. Und mein eigenes Burnout, meine Hitzewellen, mein Rückzug aus der Firma, als ob das einfach gewesen wäre. Ich hab es nur nicht an die große Glocke gehängt. Wie kann ich da behauptet haben, dass es mir da gerade so gut ginge? Die Misserinnerung zeigt doch, dass sie keinen Blick für mich hatte.

Mitleid kann ich nicht. Ich bin überzeugt, dass ein jedes Schicksal das ist, welches jede/r zu tragen fähig ist. Und dass keines besser oder schlimmer ist als ein anderes.
3. Februar 2013

Tom und ich

Viel zu viel zu lesen, viel zu viel zu sehen, es ist alles viel zu viel. Als würde ich die Antworten im außen finden. Eine Scheu, nach innen zu gehen, dabei wäre das am einfachsten.
Tom-und-ich

Das Bild zeigt Tom und mich, mit dem Laptop aufgenommen. Tom habe ich zum fünften Geburtstag bekommen, mein größter Wunsch, ein schöner Teddy. Als ich von zu Hause ausgezogen bin, blieb er dort. Erst als mein Vater starb, nahm ich Tom wieder an mich. Es ist immer noch tröstend, einen Teddy im Arm zu haben.
30. Januar 2013

Lieber Kuchen

Noch ein bisschen müd' um die Augen, dabei ist heute schon Mittwoch. Es ist angenehm ruhig, auch in der Mailbox, da liegt bloß ein Newsletter über neue Fonts. Mit der Leserin gefrühstückt im immergleichen Café und nochmal gaanz kurz das Thema gestreift, ihre Meinung ist ja immer noch wieder anders. Die Mutter war gestern auch kregel und hatte ihre Ansichten, die wir locker verteilt zwischen Nudeln mit Lachs, Scholle auf Bratkartoffeln und Stachelbeer-Baiser-Torte glattbügeln. Das Drängende ist raus. Ich erzähle ihr lieber von 3D-Filmen, Life of Pi z. B., angeblich gab's die damals auch, wann warst du denn das letzte Mal im Kino, wahrscheinlich 1950 oder 60. Über meinen Cousin lästert sie nicht mehr so oft, aber dafür bekommt Frau G. ihr Fett ab, die immer unangemeldete Besuche abstattet. Finde ich auch blöd.

Nachts fallen mir so Sätze ein: Der Mann, dem ich meine Knödel schenkte. Oder einfach die Knödel. Und Namen: Paul Kaulquappe. Ist sogar schwer, den bloß zu denken. Probehalber spreche ich ihn ins Dunkle und verdrehe mir dabei die schlaftrunkenen Lippen. Paul Kaulquappe – der Mann, dem ich die Knödel schenkte. Direkt aus dem Unbewussten ins Sprachzentrum gespült.

Die Gardinenstange ist runtergefallen, samt der Stoffbahn natürlich. Ich hab mich auf ein Lieblingsessen eingeschossen, und koch es etwas anders als sonst, Gemüse dämpfen, Nudeln kochen und alles zusammen nochmal kurz in die Pfanne zum Anbraten, Parmesan drauf. Essen.

Übrig bleibt nach der Debatte die Idee, solche Themen künftig früher zu transzendieren. Mann und Frau. Shiva und Shakti, irgendsowas. Ganz tief in meinem Herzen weiß ich, was ich damit meine.
27. Januar 2013

Lange Zeit

Endlich. Gute 32 Jahre später. Ich erwarte C. am Gleis 9, erst gibt es aber eine kleine Irritation, weil der Zug von mir unbemerkt heute auf Gleis 8 einfährt – schon eingefahren ist. Schnell lauf ich rüber und da sehe ich sie schon und sie mich auch. Sie ist größer als ich sie in Erinnerung habe, und eine Art Stolz ergreift mich: Meine große braunäugige Freundin. Wir umarmen uns und teilen Komplimente, ihr Gesicht ist mir nicht mehr ganz so geläufig, aber dann machen Mund, Kinn und Kiefer ihre typisch verschmitzen Bewegungen und ich weiß wieder, was zwischen uns war und warum ich sie gern hatte. Sie zeigt sich verbindlich, ich bin ja eher scheu, weil ich mir seit der flatterhaften Beziehung mit dem Geräuschemann nicht mehr so sicher sein konnte, von der Welt geliebt zu werden.

C. und ich lieben uns trotzdem wie zwei beste Freundinnen es tun, unvoreingenommen, herzlich und treu, trotz der drei Dekaden ohne. Wir laufen zu Fuß heim zu mir, für den Notfall (Sprachlosigkeit) hatte ich eine Art Stadtführung geplant, hier die Leine, dort die Altstadt, hier mein Viertel, da der Markplatz mit dem Lieblingscafé, hier nun endlich mein Haus im Sonnenschein. Aber wir erzählen ununterbrochen, aus der Vergangenheit, aus der Gegenwart, alles vermischt sich, ich glaube nicht, dass sie irgendwas von der Stadt und den Plätzen aufnimmt, an denen wir vorbei kommen.

In der Küche mach ich einen Tee und reiche selbst gebackene Plätzchen. Sie fläzt sich sofort auf der Bank herum, ich sitze im Korbsessel mit Fell. So bleibt das während der nächsten vier Stunden. Viel hatte ich vergessen, ihre Erinnerungen scheinen lebendiger, Namen fallen mir wieder ein, dazu Gesichter, Ereignisse, die Klassenfahrt nach London mit Herrn W., die ersten Erfahrungen mit Jungs in der CVJM-Gruppe des Kirchenstifts. Ach ja, du mit Fifi, genau, und ich mit Heini. Dort wurden oft die Partner getauscht, ohne Argwohn, einfach, weil wir jung und noch ohne Zukunft waren. Trotzdem schlich schon das erste Herzeleid uns an, damals wurden Strukturen gelegt, die immer wieder kehrten, oder waren es einfach Strukturen der Persönlichkeit, die ausgelebt werden mussten. Ein Zwang, das ganze Leben.

Vieles in ihrem hatte ich damals nicht begriffen, die Mutter starb, als C. zwölf war und fortan führte sie, als jüngste der vier Geschwister für Vater und Bruder den Haushalt, die älteren waren schon aus dem Haus. Ich erinnerte mich an geschwänzte Vormittage in ihrer Küche, gegen Mittag begann sie sich verantwortlich zu fühlen und fing an zu kochen oder mal eben durch den Flur zu saugen, das alles nahm ich ohne viel Mitgefühl auf, und erst jetzt geht es mir nah, dass es da keine Mama gab. C. berichtet, ohne ins Selbstmitleid zu sacken, sicherlich war es ihr damals schon fremd, am Schicksal zu leiden. Überhaupt ist es sehr erfrischend, dass unser Zusammensein so ohne Pathos auskommt.

Die Frage, warum wir uns aus den Augen verloren haben, ist einfach. Ich lernte K. kennen und sie den, ich weiß nicht, J. oder P. oder so. Die hatten alle ihre Spitznamen. Wir können uns an die Partner der anderen nicht erinnern, die so plötzlich in unseren Leben wichtiger waren als die Freundin. Ich nehme an, wir fanden nichts dabei fortzugehen. Es kriecht ein verspätetes Bedauern in mein Herz, das sie mit einem aber jetzt haben wir uns doch wieder beiseite schiebt.

Weißt du noch, weißt du noch. R., den du so mochtest und der dich nicht wollte, der führt jetzt mit seinem Partner ein Hotel am Glacis. Achso, der war schwul! Das ist eine lustige und irgendwie auch befreiende Information. Allerdings hätte ich einst damit nicht viel anfangen können, ich befand mich ja selbst zwischen Baum und Borke und fühlte mich nicht sonderlich aufgeweckt, was sexuelle Präferenzen betraf. Man hätte einfach mal knutschen können, um mehr ging es mir während dieser Verliebtheit kaum.

Auch unsere politische Bildung hatte Lücken. In der Kleinstadt waren wir die ersten mit Palästinensertüchern, welche wir auch im Schuluterricht nicht ablegten. Kritischen Kommentaren konnten wir nichts entgegnen, wir waren irgendwie Hippies, aber ohne den historischen Ballast. Im CVJM lernten wir, die Welt auf philosphische Art zu betrachten, die Bergpredigt, Gleichungen aus dem Neuen Testamment, Jesus-People wurden wir für eine Weile, ich hatte einen entsprechenden Spruch auf meine Jeansjacke gestickt, typografisch hübsch anzusehen, grammatikalisch aber leider falsch. 'Jesus lebt' in d-englisch.

Die Klassenfahrt nach London. Die Müllabfuhr streikte gerade und die Stadt sah echt scheiße aus. Wir waren entsetzt und versteckten uns motzend unter unseren Palästinensertüchern. Ausflug nach Oxford. Ich besitze eigenhändig entwickelte, mittlerweile vergilbte Photoabzüge, wie wir mit einer Kiste (endlich mal) gesunder Lebensmittel auf einer Bank im Park sitzen. C. erinnert sich, dass wir uns weigerten, den Tower zu besichtigen, Herr W., für den wir schwärtmen, gab uns sogar das Eintrittsgeld aus, damit wir mitkämen.

Mein lebendigstes Bild ist, als wir in den aufgeschütteten Schneebergen vor Herrn W.s Haus rumkletterten und -kicherten bis er uns aus dem Küchenfenster entdeckte und zum Tee in die Wohnung lud. Im Treppenhaus vor der Tür stand ein Kinderwagen, und ach, er hatte auch eine Frau, die wiederum uns ebenso neugierig begrüßte. In dem Winter begann die große Freundschaft mit dem Lehrerehepaar, bei dem ich in den nächsten Jahren Kind im Hause war, aber das ist eine andere Geschichte und führt uns in die Philosophie bzw. Esoterik.

Es scheint so, dass dies der Zeitpunkt war, wo wir auseinander gingen. Jede in ihre Richtung. C. ist immer noch mit J. oder P. oder so verheiratet, sie haben einen Sohn, ein Haus mit Garten und ich sehe mit Freude und auch etwas Neid, dass sie sich Stärke und Unabhängigkeit bewahrt hat. Man kann unsere Leben nicht vergleichen, aber ich hoffe, dass sie an diesem Punkt der Zeit beginnen, wieder zusammenzufließen.
24. Januar 2013

Information overload

Gerade finde ich die Welt groß, schön und bunt. Ich war heute bei den Abschlusspräsentationen der Studenten der Fotografie an meiner ehemaligen FH. Jetzt heißt das Dings ja Bachelor, damals schlossen wir noch mit Diplom ab am Standort Herrenhausen. Seit 12 Jahren befindet sich die Fakultät nun auf dem Expo-Gelände im früheren Global House. Ich bin immer ein bisschen neidisch, weil ich das lichte Gebäude mit dem großen Atrium und dem vielen Holz wirklich schön finde. Ins Atrium hinein blicken Räume und Werkstätten, es gibt hochgelegene Galerien, von denen man schauen oder in andere Gebäudeteile wechseln kann.

Letztes Jahr hatte ich Kommunikations-Design-Studentin N. auf einer Veranstaltung für Existenzgründer kennen gelernt und danach haben wir uns oft zufällig im Viertel getroffen und gefachsimpelt. Natürlich fühle ich mich jetzt etwas alt unter den jungen 'Leuten', trotzdem sehr wohl – es sind einfach meine Leute. Aufregung, Neugier und Begeisterung sind zu spüren und ich erinnere mich an meine eigene Dimplom-Präsentation. Ich erzähle N., dass damals alles noch mit der Hand gemacht wurde, es gab zwar einige Computer, aber mit denen konnte man kaum ernsthaft arbeiten Ende der 80er, wir teilten uns zu dritt einen langsamen PC und die Nadeldrucker-Prints unserer ersten Versuche mit 'Paint' waren qualitativ indiskutabel. Satz war Photosatz, wir mussten unsere Textfahnen beim Setzer bestellen, Schriftart, Größe, Durchschuss und Satzbreite angeben und zurück bekamen wir nach ein paar Stunden oder auch Tagen Blätter aus Photopapier mit unseren Texten. N. findet das sehr lustig, und ich auch, da ich mich jetzt erinnere. Alles hat ewig gedauert, und die Seiten meiner Diplom-Arbeit bestehen aus handgeschnippelten Collagen und Original-Illustrationen und -Kalligrafien. Wahrscheinlich ist der Kleber schon vergilbt, ich habe die Arbeit lange nicht hervorgeholt. Den theoretischen Teil mit Schreibmaschine, immerhin hatte meine schon eine Korrekturfunktion, verschiedene Typen mit echter Spationierung. So sah das ganze recht ordentlich aus.

Als ich frage, ob N. ihre 'Dias zeigen' wird, lacht sie. Natürlich weiß ich, dass sie eine PDF-Präsentation auf die Leinwand beamen wird, aber der Gedanke, dass es keine Dias mehr gibt, mit Korn und perfekt belichtet, bestürzt mich in diesem Moment. Als N. an der Reihe ist, beobachte ich ihre Kalibrierungsversuche für den Monitor, eigentlich sind alle Einstellungen schlecht, mal suppt das Schwarz zu, mal reißt das Weiß auf, und der feine Rotstich ist unübersehbar.
N-bei-der-Praesentation
N. beim Präsentieren

N. hat ein interessantes Thema und ihre gezeigten Bilder sind wirklich gut. Absicht ist es, in ihren Fotografien das Lebensgefühl ihrer Generation darzustellen. Ich bin begeistert, nicht nur über den seltsamen Titel – ihre theoretische Abhandlung, die sie mit etwas unsicherer Stimme vorträgt, ist äußerst interessant. Sie erwähnt dabei auch meine Generation, die Baby-Boomer. Ich denke, sie weiß nicht, dass ich möglichwerweise im Alter ihrer Eltern bin. Als ich erwähne, dass ich 1989 abgeschlossen habe, bekomme ich ein Kompliment, du hast dich aber gut gehalten.

Inmitten dieser Studenten, die alle meine Kinder sein könnten. Die anwesenden Profs kenne ich nicht mehr, dass ich aber den damaligen Photo-Hiwi sehe, erfreut mich über Gebühr. Auf dem FB-Profil meiner Professorin H. lese ich, dass sie seit 2011 im Ruhestand ist. Sie kam mir immer sehr jung vor, über ihr genaues Alter wusste ich nichts. Für mich war sie stets Vorbild für Jugendlichkeit trotz hoher beruflicher Position oder so. Außerdem war sie lesbisch. Ich nehme an, dass sie gewusst hat, dass ich damals sehr in S. verliebt war – sie und ich haben zum Diplom eine Gemeinschaftsarbeit vorgelegt, die ein gewisses Aufsehen erregte. In unserer Arbeit nähern wir uns an, erkennen aber gleichzeitig die Unmöglichkeit echter Nähe. Seltsam, das fällt mir jetzt erst ein.

Noch mehr Erinnerungen schwappen zur Zeit ins Gedächtnis, weil ich die Unzialis, die ich damals im Kalligrafie-Unterricht bei Prof. H. mit Hand, Tinte und Feder geschrieben habe, jetzt als DTP-Font ausarbeite. Ich liebte den Mann, der offen schwul war und damals schon ziemlich alt, vielleicht lebt er ja gar nicht mehr. Beide Profs haben mich weit über Vernünftiges hinaus unterstützt und ich nehme an, die Sympathie, Liebe und Achtung war gegenseitig.
Unzialis
Übungsblatt, Unzialis. In einem früheren Leben war ich sicher mal mönchischer Schreiberling.

Nachdem N. präsentiert hat, läd sie mich ein, draußen mit den anderen ein Pappbecherchen Sekt zu trinken. Sie hat einen netten Freund, der sie mit einem dicken, freundlichen Stirnkuss belohnt und irgendwie bin auch ich stolz auf sie. Einer ihrer Profs kommt kurz zum Gratulieren vorbei, lobt nochmal ihr Thema und bemerkt, dass 90 % der Anwesenden sicherlich überfordert waren, sachlich und emotional. Was für den Kopf, sagt er. Das möchte ich nicht glauben, aber vielleicht hat er Recht. Vielleicht beweist N. mit ihrem Versuch, Unsichtbares sichtbar zu machen eine unerwartete Reife, ein aus der Reihe Scheren, eine Besonderheit, und insofern fühle ich mich plötzlich ihr nah, weil ich mich ebenso besonders behandelt gefühlt habe damals.

Ja, die Welt ist groß, bunt und schön. Arbeite selbst gerade an meiner Website, wühle mich durch Fotodateien, um Serien zusammenzustellen und fühle mich jung, als wäre ich gerade wieder am Anfang von etwas… Neuem, das es zu sehen und auszuprobieren gilt, Farben, Formen, Themen, bestimmte Ansätze und Theorien, die auch ich mit meiner gestalterischen Arbeit darstellen möchte.

Es ist schön zu tun. Habe langweilige Tage, fast schon Wochen hinter mir, in denen ich bloß die tägliche Arbeit erledigt habe, mit Freude zwar, aber daheim habe ich viel geschlafen, wodurch die Trägheit noch wuchs, an Schreiben war nicht zu denken. Außerdem hat das viele Lesen in Foren und von Blogs (mit hohen Besucherzahlen!) und deren geheimes oder offenes Besucherzahlengekungel mich fragen lassen, warum wir überhaupt schreiben. Anerkennung, Klicks, Liebe. Vieles ist bloßes Gejammere, überhaupt stelle ich fest, dass sich viel beschwert wird, über die schlechte Welt, über die Unerfülltheit von Wünschen oder über gesellschaftliches Treiben, das so nicht sein sollte und so weiter, gähn.

Ich möchte doch jetzt lieber wieder für mich schreiben, deshalb nehme ich den Zähler raus, soll's mir egal sein, wer und wie viele Leser da sind. Ich möchte wieder mehr Bild, mehr Farbe, dazu werde ich meinen tumblr regelmäßig füllen. Am liebsten würde ich alle meine FB-Freunde löschen, aber dann doch ist es ja ganz schön, sie alle beisammen zu haben, ursprünglich bin ich bei FB, weil ich Frau Ch. nah sein wollte. Und den Kleiderscharnk will ich auch ausmisten.

Soso, ein langer Text, war wohl nötig. Und über das Treffen mit meiner alten Freundin C. werde ich auch noch berichten. 'Jedenfalls haben wir uns wieder', sagt sie.
6. Januar 2013

Ayurveda liebt dich!

Die winterlichen Zipperleins wollen nicht abklingen. Trockene, knackende Knochen, entzündete Gelenke mit geschwollenen Knötchen, Herzstolpern, Unruhe und dauernd kleine Verletzungen wegen Unachtsamkeit. Die ayurvedischen Pillen Nahrungsergänzungsmittel nehm ich jetzt wieder seit einer Woche. Ashvagandha zur allgemeinen Stärkung, shatavari für's Frausein, arjuna, damit das Blut leichter fließt, guduchi, um das Immunsystem zu stärken und triphala für's saubere Gedärm. Vorgestern wieder mal alles mögliche zum Thema Ayurveda, dem Wissen vom Leben, gelesen bzw. studiert. 'Meine' ayurvedische Ärztin weilt in Indien, ich will sie per Mail nicht belästigen und so muss ich mir selber helfen. Aus Indien hatte ich alle möglichen Kräuter und Salben mitgebracht. Die indische Firma 'Himalaya Herbal Health Care' bietet ihre Produkte im Inland äußerst günstig an, im Ausland kosten sie das zehn- bis 20fache. Es war bisher schwer, die Produkte online zu finden und zu bestellen, aber die Firma hat jetzt einen (neuen?) Shop, der in die ganze Welt liefert. Meine Bestellung ist raus, neben guggulu, das Gelenkverschleiß und -entzündungen lindert, auch Creme gegen schmerzende Gelenke, eine für kleine Wunden und nochmal gasex für die Verdauung.
Im-Kramladen
Der Kramladen bietet allerlei Kräuter, Gewürze und Medikamente.

In der ayurvedischen Medizin dreht sich (fast) alles um eine gute Verdauung. Damit sich keine Abfallstoffe im Darm bilden und im weiteren Verlauf sich in Gewebe, Adern, Gelenken und sonstwo festsetzen, hat der Ayurveda zahlreiche Verfahren und Ernährungsrichtlinien entwickelt, die die Verdauung unterstützen – die Nahrung selbst wird so zur Medizin. Spezielles Augenmerk gelten den verschiedenen Gewürzen und Kräutern, deren Wirkung seit Jahrtausenden studiert und beschrieben worden ist. Hier ist auch die Lehre von den doshas beheimatet, Vata, Pitta und Kapha, denen der Mensch zugeordnet und dem zur Erhaltung des Gleichgewichts für einen gesunden Körper und Geist entsprechende Nahrungsmittel, Gewürze, Massagen, äußerliche und innerliche Reinigungen verabreicht werden.

Könnte einfach sein, ist es aber nicht. Um ein Ungleichgewicht in den Doshas zu bestimmen, ist ein tiefes Wissen erforderlich, das Studium dauert Jahr(zehnt)e, eigentlich ist es nie abgeschlossen. Ayurvedische Ernährung praktiziere ich seit ca. fünf Jahren (mit ein paar suchtartigen Ausfällen ins Süße und Schokoladige). Mittlerweile bin ich empfindsamer gegenüber der Nahrung, die mir gut bekommt und jener, die Unwohlsein auf allen Ebenen (körperlich, geistig, emotional, energetisch) bereiten könnte. Damals war ich über Wochen krank und bin von einem Fieber gleich ins nächste gefallen. Ich suchte nach einer Behandlung, die meiner (yogischen) Weltsicht entspricht und mich wirklich heilt und nicht nur Pillen verschreibt. In meiner Stadt fand ich K.. Mittlerweile hat sich aus der anfänglichen Patientin-Ärztin-Beziehung eine spirituelle Freundschaft entwickelt. Sie hat mir geholfen, meinen Körper besser zu verstehen und erste Anzeichen von Krankheit selbst zu behandeln. Seitdem ist der Körper fit und lebendiger als jemals zuvor, und erkältet war ich schon lange nicht mehr, aber diesen Winter gibt es o. g. Zipperlein, und deshalb nehme ich nun wieder die bewährten Pillen.

Der Körper soll kein Hindernis sein auf dem Weg zur Erleuchtung, darum geht es. Wer krank ist und Schmerzen hat, oder sich dauernd räuspern oder rülpsen muss, ist zu sehr mit seinen Befindlichkeiten beschäftigt und wird in der Meditation keine Ruhe finden und sich nur schwer konzentrieren können. Allein der Gedanke, dass da noch Lakritzschokolade aus Finnland in der Schublade wartet… Der Ayurveda leitet den Menschen an, die Opferrolle des schicksalhaft Kranken zu verlassen und den Körper selbstverantwortlich und -bewusst zu bewohnen und gesund zu erhalten.

Ayurveda wird übrigens von Krankenkassen als Wellness angesehen und leider nicht bezahlt.

Hier noch ein paar Links zum Thema:

http://www.ayurveda-journal.de
http://www.himalayadirect.com/
http://de.wikipedia.org/wiki/Dosha
http://www.holistic-online.com/ayurveda/ayv_home.htm
Bücher von David Frawley, dem großen Ayurveda-Gelehrten
Himalayan Institute Hospital Trust
2. Januar 2013

Alltägliches im neuen Jahr

  • Sehr lange schlafen.
  • Die Bestefreundin ruft an und fragt nach, ob ich ihr Telefon mitgenommen hätte.
  • Im Bioladen erste Einkäufe erledigt, Möhren und anderes Gemüse, Lupinenkaffee, Kerzen.
  • Vorabendschlaf von halb acht bis halb zehn. Jetzt wieder hellwach.
  • Ein paar Überweisungen erledigt, aber noch keine Rechnungen geschrieben. Trotzdem kurz an die Umsatzsteuer gedacht.
  • Nackt schwimmen von Carla Guelfenbein angefangen zu lesen, schon halb durch. Zwei Schreibfehler entdeckt und kurz depressiv gewesen.
  • Auf tumblr ein schönes Foto von Graham Coxon entdeckt, das wieder einmal mehr das Gedankenspiel über unsere geheime Halbgeschwisterlichkeit anregt.
  • Kurz bei der Friseurin vorbeigeschaut, Verabredung zum Haareschneiden für morgen, damit ich dann ungefähr so aussehe wie Graham.

Das 'Gelände' bietet halbwegs reuelose und teils einfallsreich bebilderte Texte, nach uraltem Rezept geschrieben, gesammelt, im Zeitstrahl gebannt und von aufständischen Dadaisten in letzter Sekunde gut geheißen.

Hier kommt ein Bild:

PA290192

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