Endlich Sonne

Heute hat T. Geburtstag – Exfreund, langjähriger Geliebter, meine große Liebe. Und ich wohl auch seine. Wir telefonieren lange. Über nicht ganz so sonnige Themen. Seine Kindheit in den 50ern, Erfahrungen in strengen Landverschickungsheimen zum Aufpäppeln von unterernährten Kindern, seine Schulzeit im Internat in den 60ern, auch dort wurde geprügelt und missbraucht. Er hat gestern ebenfalls die Filme gesehen, Themenabend zur schrecklichen Heimerziehung, und musste manchmal umschalten, weil er das Dargestellte unerträglich fand. Während wir reden, muss auch ich wieder weinen über Leid, das Kindern angetan wurde/wird und letztlich über eigenes Kinderleid, ungerecht behandelt werden und in Strukturen aufwachsen, die unbegreifbar sind. Das ganze Handeln der Eltern, vor allen Dingen des Vaters, planlos, schikanös, unerklärliche Angst machend.

Anscheinend war das der Geist der Zeit und ist es immer noch. Undurchschaubar auch die eigenen Handlungen, das Dauerdrama um Beziehungen, Anerkennung und Liebe. Zur Zeit aber kann ich vieles besser durchleuchten und verstehen. Der Groll ist weg, die Trauer noch da. Verzeihen kann keimen. Die letzten Wochen, während des Dunklen Winters… mir war nicht dunkel, aber das Denken fand im Dunkeln statt, die mir wichtigsten und intimsten Stunden des Tages waren die vorm Einschlafen, während ich in die Decke eingehüllt einfach nur still dalag. Szenen, Erkenntnisse, Bilder, Beschwörungen, Gebete, Lösungen, Beschlüsse, Alleinsein, Körperlichkeit, Genuss – eine Ursuppe des Menschlichen.

Und jetzt raus, raus in die Sonne, in die Luft, alle sind draußen. Die mir lieb sind, treffe ich zum Frühstücken und meditativen Gehen, zu Baumschnitt und Bienenhüten, zum Reden und Frohsein, Pläne machen für den Sommer.

Möge ich glücklich sein. Möge ich frei sein von Angst und Drama. Möge ich gesund sein und tatkräftig. Möge ich die Wahrheit erkennen.
bonanzaMARGOT - 7. März, 15:04

die sonne tut jedenfalls gut. in jedem lebensalter.

wie alt bist du (wenn ich fragen darf)?

keinekrabbe - 7. März, 17:43

14 Jahre jünger

als der oben erwähnte T.
Wieso fragst du (wenn ich fragen darf)?
bonanzaMARGOT - 7. März, 17:46

weil menschen je nach alter ganz anders einzuschätzen sind. gerade heute in der schnelllebigen zeit. nicht alle menschen leben mit tiefschürfenden gedanken - sondern surfen nur auf den wellen ihrer zeit. drum.
entschuldige.
keinekrabbe - 7. März, 18:05

Ja, das stimmt.

Ich mach mir halt so die meinen. Schon immer – das Alter (ach ja, das Alter) bringt aber Erkentnisse, die ich früher schon gern gehabt hätte.
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:12

solange die erkenntnisse nicht allzu schmerzhaft sind, geht es ja.
keinekrabbe - 7. März, 18:24

Man kann

erstaunlich viel ertragen. Und letztlich geschieht durch Erkennen Lösung.
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:30

wer sagt sowas?
mein erkennen der letzten jahrzehnte sagt mir, dass sich die menschen nur sehr bedingt geistig weiterentwickeln.
im ganzen gesehen wie individuell. natürlich gibt es zwischendurch highlights ...
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:32

was für lösungen?
keinekrabbe - 7. März, 18:37

Ich sag's, weil ich's erfahre. Ich kann auch nur für mich sprechen und nicht für 'die Menschen', deren Entwicklung mich nur bedingt interessiert. Die Änderung geschieht von 'hier' aus, jeder kümmert sich um sich selbst, anders geht's ja nicht, oder?
keinekrabbe - 7. März, 18:38

Loslösung, loslassen, gehen lassen, akzeptieren des Unabänderlichen, Frieden finden, sich selbst lieben lernen.
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:41

keine ahnung. bis zum nirwana habe ich noch ein paar leben vor mir - lach!
ich weiß, was ich weiß. und das verteidige ich gegen alles, was andere menschen sagen. und wären es milliarden, und ich wäre der einzige mit einer anderen meinung.
na ja. vielleicht nicht ganz. ich würde mit den anderen schreien: heil schweinepriester! aber innerlich würde ich mich wenigstens nicht verleugnen. oder?
keinekrabbe - 7. März, 18:43

Verteidigen?

Was denn? Wofür? Wogegen?
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:44

wäre es so einfach, wie du sagst - von wegen sich selbst lieben lernen etc.,
rülps, entschuldige, dann wäre unsere welt heute schon paradiesisch.

ach so, ist natürlich nicht einfach.
respekt vor deiner leistung!
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:45

die freiheit verteidigen gegen all jene, die sie immer wieder beschneiden wollen ...
keinekrabbe - 7. März, 18:50

Rülps.

Ja, das wäre sie. Aber sie ist es nicht, und ich kann nichts dagegen tun. Aber in meinem Herzen klein lässt sich das Paradies manchmal erfahren. Und in deinem auch.
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:53

mein herz spiegelt weniger das paradies als vielmehr die hölle auf erden wider. denn diese ist realität - und nicht das paradies.
ich bin lieber desperado als pastor.

und nun muss ich zur nachtwache im altenheim aufbrechen ...
danke für`s gespräch.
keinekrabbe - 7. März, 18:54

Ui, die Freiheit...

große Worte. Es gibt Weise, die im Gefängnis Erleuchtung erlangt haben. Es ist hilfreich, solche erbaulichen Geschichten zu lesen, man gewinnt dann wieder Vertrauen ins Leben. Besser als die Greuelgeschichten aus den Nachrichten.
keinekrabbe - 7. März, 18:56

Ich danke auch.

Eine schöne Nacht wünsch ich.
bonanzaMARGOT - 7. März, 18:58

ich könnte dir geschichten erzählen ...
weisheit ist eine dämliche schimäre.
aber was rede ich?
ich reiche den verreckenden meine hand.
keinekrabbe - 7. März, 19:15

Wir alle haben unsere Geschichten.

Meine ist, dass ich an Schönheit und Liebe glaube.

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Das 'Gelände' bietet halbwegs reuelose und teils einfallsreich bebilderte Texte, nach uraltem Rezept geschrieben, gesammelt, im Zeitstrahl gebannt und von aufständischen Dadaisten in letzter Sekunde gut geheißen.

Hier kommt ein Bild:

Liebende Güte von Bäumen

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